Die “Remèri”

“Remo” (Ruder) und “Forcola” (Rudergabel) sind die beiden Elemente, die das dynamische Gleichgewicht der Gondel ausmachen.

Die Werkstatt des „Remèr“ Paolo Brandolisio ist ein Ort der Erinnerung, an dem sich bis heute Meister und Lehrjunge in der rituellen Wiederholung von Worten (Werkzeugnamen) und antiken Gesten üben.

Die Werkstatt des „Remèr“ Paolo Brandolisio ist ein Ort der Erinnerung, an dem sich bis heute Meister und Lehrjunge in der rituellen Wiederholung von Worten (Werkzeugnamen) und antiken Gesten üben.

„Remo“ (Ruder) und „Forcola“ (Rudergabel) („stark ausgeholtes Holzteil, auf dem man das Ruder beim Rudern auflegt, Dolle“) sind die beiden Elemente, die das dynamische Gleichgewicht der Gondel ausmachen. Hier befindet sich der Drehpunkt der Bewegungsabläufe („premèr“ und „stalìr“) des Gondelführers der alleine das Boot antreibt, es gleichzeitig lenkt und im Gleichgewicht hält. Der „Remèr“ (Rudermacher) „entnimmt“ dem Holz die Formen von Ruder und Rudergabel: Linear und Glatt ist die Oberfläche des „remo“, stark plastisch ist die Erscheinung der „forcola“.

Paolo Brandolisio bei der Arbeit an einer Rudergabeln.

Paolo Brandolisio bei der Arbeit an einer Rudergabeln.

Zum „remo“ gelangt man, wenn man lange Holztafeln so lange bearbeitet, bis ein handlicher Griff ersteht, der zunächst konisch ist und dann in eine zylindrisch Form übergeht. Dabei ist zu beachten, dass man nicht die Stärke verliert, die das „remo“ braucht, um der Kraft des Ruderers standzuhalten. Schließlich erweitert sich der Zylinder zu einer Schaufel die eine harmonische Ruderbewegung im Wasser ermöglicht. Das Rohmaterial für die Herstellung der „forcola“ ist ein Viertel von einem Baumstamm. Normalerweise benutz man Nussbaum, Kirschbaum, Birnenbaum, Apfelbaum oder Ahorn, welches von dem „remèr“ ausgesucht wird, bevor man es drei Jahren lagern lässt. Die Rudergabel wird weniger nach einem streng geregelten Verfahren hergestellt, als vielmehr durch ein rasches Zusammenspiel von handwerklichem Geschick und formaler Vorstellungkraft, bei dem ein geschultes Auge und der Tastsinn eine entscheidende Rolle spielen. Jede Einkerbung und jeder Bogen der Rudergabel muss die vielfältigen und verschiedenen Bewegungen des Ruders im Wasser ermöglichen.

Die „forcola“ ist ein faszinierendes Objekt, eine Holzskulptur

Die „forcola“ ist ein faszinierendes Objekt, eine Holzskulptur

Die „forcola“ ist – außerhalb des Kontextes der Gondel – ein faszinierendes Objekt, eine Holzskulptur, die zu einem der Symbole Venedigs geworden ist. Dennoch bleibt diese Schönheit ihrer funktionellen Bestimmung treu: sie garantiert dem Ruder die dynamische Freiheit, die der Asymmetrie des Systems Mensch – Boot – Wasser sein Gleichgewicht verleiht. Die „remèri“ haben sich in Venedig im Jahre 1307 zu einer Innung zusammengeschlossen.